Ziel: Nummer Eins auf der Reutlinger Alb
Local Business: Modehaus Schoser in Trochtelfingen
von Angela Kreutz
Langsam kriecht die Auto-Schlange die Serpentinen auf den 565 Meter hohen Honau hoch, verdammt zu Tempo 30. Ein Lastwagen mit Anhänger ganz vorne gibt die Geschwindigkeit bereits seit Reutlingen vor. Und er muss offensichtlich auch in Richtung Trochtelfingen. Ortskundige, so sagt Bernhard Schoser, wählen natürlich die kurvenarme Strecke über Tübingen, um auf die B 27 Richtung Stuttgart zu kommen. Da sind die Straßen breiter und Lastwagen seltener. Die Zeit ist in etwa die gleiche: Eine gute halbe Stunde muss man von Trochtelfingen nach Tübingen oder Reutlingen rechnen.
So erscheint das Ziel von Bernhard Schoser vom Modehaus Schoser in Trochtelfingen realistisch: "Wir wollen das führende Modehaus auf der Reutlinger Alb werden". "Früher", so sagt er, "sind die Leute erst nach Reutlingen gefahren und dann zu uns. Heute ist es umgekehrt".
Die Kunden kommen aus einem Umkreis bis 15 Kilometer, wie die Stammkundenkartei belegt. Hier sind insgesamt 6000 Adressen erfasst - das sind fast genauso viele Menschen, wie in Trochtelfingen leben. Die Kleinstadt zählt 6500 Einwohner, davon 3800 in der Kernstadt.
Schoser kennt fast alle seine Kunden. Viele legen Wert darauf, vom Chef persönlich bedient zu werden. "Wenn ich einmal aus dem Büro gehe, dann komme ich nur schwer wieder zurück", sagt er. Daher fängt er morgens bereits um fünf Uhr an. Denn neben der Geschäftsführung will auch die Arbeit für die zahlreichen Veranstaltungen des Werbekreises, in dessen Vorstand Schoser sitzt, erledigt werden. Ein Engagement, das nicht ganz uneigennützig ist. "Der Mensch will Unterhaltung. Wenn in Trochtelfingen nichts geboten wird, dann spricht keiner über die Stadt."
Schosers Kunden sind zwischen 20 und 60 Jahre alt. Die meisten von ihnen sind Frauen. 70 % seines Umsatzes erzielt er mit der DOB. Oft sind es junge Mütter, die bei ihm einkaufen. Sie haben keine Zeit und Lust, weit zu fahren. Bei Schoser können sie direkt vor der Tür parken. "Das ist ein dankbares Publikum", findet Schoser. Die dazu gehörigen Männer hat das Sortiment in der Vergangenheit allerdings weniger angesprochen. Das soll sich nun ändern.
Verstärkt die jüngeren Männer ansprechen. Mit dem kürzlich abgeschlossenen Umbau will Schoser das Durchschnittsalter seiner männlichen Kunden senken und die Position bei den Frauen festigen. Durch den Kauf eines Nachbarhauses konnte die Verkaufsfläche von 270 auf 420 m² erweitert werden. Das erlaubt in der Herrenabteilung "das Angebot runder aufzubauen". Hier werden Labels wie Enzo Lorenzo, Milestone und Swept geführt. S. Oliver wird nun "prominenter präsentiert". Neu im Sortiment ist Esprit Sportswear. "Die Kollektion ist noch etwas wertiger", begründet Schoser diese Wahl. Hinzugekommen ist außerdem im Strickbereich Claudio Campione, bei den Hosen Mac und Pierre Cardin Jeans und bei den Hemden Pure. In der DOB wird unter anderem Street One, Zagora, Cecil (neu), Esprit Sportswear (seit Sommer 2000) sowie Gang, The Best und Closed geführt. Ab Frühjahr wird Comma und Marc Aurel angeboten. Im Gegenzug hat Schoser die Marke Taifun aufgegeben. "Die Kollektion war für unseren Anspruch nicht marktgerecht." Die klassische Kundin findet Marken wie Gerry Weber, Eugen Klein, Frankenwälder, Trumpf und Toni Dress.
Auf Shops hat Schoser verzichtet. Die Verkaufsfläche sei zu klein. Außerdem wolle man den Geschäften in den größeren Städten nicht zu ähnlich werden. "Wir brauchen die Marken, um stadtfähig zu sein, aber wir müssen sie anders kombinieren, um eine eigene Handschrift zu haben."
Kontinuierlicher Abbau des Vollsortiments. Die Entscheidung, das Sortiment zu verjüngen, hat Schoser bereits vor etwa zehn Jahren getroffen. Im Gegenzug wurde das Vollsortiment nach und nach abgebaut. Und weil es ihm wichtig ist, "immer den Lieferanten zu kennen, um ihn besser einordnen zu können", hat er sich 1993 von der Sütex in Sindelfingen getrennt. Noch 1989 hatten seine Eltern 80 % der Ware von diesem Einkaufsverband bezogen. Eine Entscheidung, die laut Schoser goldrichtig war. "Wir haben unseren Umsatz seit 1989 verdreifacht."
Jetzt soll der Umsatz noch einmal wachsen. Allein mit den "richtigen Marken" ist es nicht getan, so Schoser. Genauso wichtig ist die Atmosphäre. Und die fängt bei der Ladenoptik an, "die darf nicht zu clean sein", weshalb Schoser beispielsweise einen Nadelfilz-Teppich als Bodenbelag gewählt hat. Wichtig ist dem Chef außerdem die Teamarbeit. Um seine achtköpfige Crew über alle Vorgänge auf dem Laufenden zu halten, lädt er einmal im Monat zum Frühstück nach Hause ein. Hier wird über Pläne gesprochen, aber auch über Umsatzzahlen. Die Mitarbeiter sollen wissen, was vor sich geht und für was sie sich engagieren. "Der Kunde hat oberste Priorität. Er darf nicht im Laden 'rumstehen, sondern muss gleich bedient werden." Eine ehrliche Beratung ist selbstverständlich. Und wenn sich der Kunde nicht sofort entscheiden will, kann er eine Auswahl mit nach Hause nehmen - bis zu zehn Tage lang. Ebenso selbstredend sind schnelle Änderungen und ein Rabatt in Höhe von 3 % für Kundenkarten-Inhaber, den man sofort bei einem Kauf ab 25 Euro erhält.
Die Adressenkartei nutzt Schoser für Direct-Mailing. Auf Zeitungsanzeigen verzichtet er meist, weil Trochtelfingen wie er sagt, "im Zonenrandgebiet" liegt, zwischen den Landkreisen Reutlingen, Biberach, Sigmaringen und dem Zollernalbkreis. In dieser Region gibt es etliche Tageszeitungen. Da ist es schwierig, die richtige Zeitung auszuwählen. Eine Ausnahme hat Schoser allerdings jetzt nach dem Umbau gemacht. 19 000 Flugblätter wurden als Einleger in den Amtsblättern verteilt. Außerdem will er künftig im Reutlinger Generalanzeiger kleinere Image-Anzeigen schalten. "Der Reutlinger Raum ist ja nun mal unser Hauptgebiet. Wir hoffen, so unser Einzugsgebiet noch etwas erweitern zu können."
Schoser/Trochtelfingen
Firmengründer Johannes Schoser fing einst als Tuchmacher mit einer Verkaufsfläche von 15 m² an. Die Mode scheint auch seinen Urenkeln im Blut zu liegen. Drei der fünf Brüder sind in der Textilbranche tätig. Der Zweitälteste, Bernhard Schoser, führt das Familienunternehmen, das in diesem Jahr 125-jähriges Bestehen feiert. Nach seiner Lehre beim Modehaus Storr in Donau-Wörth hatte er 1981 in Reutlingen ein Bettenhaus übernommen und bis 1991 geführt. Seit 1989 leitet er zudem das Familienunternehmen in Trochtelfingen. Die Leitung beider Geschäfte sei ihm allerdings zuviel geworden. In einem mittelständischen Unternehmen müsse der Chef stets greifbar sein, glaubt er. Deshalb hätte auch die Filiale in Burladingen, die er nur zwei Jahre betrieb, nicht funktioniert.
Ein Teil des Sortiments und die Bettenreinigungsmaschine aus dem früheren Reutlinger Bettenhaus kamen nach Trochtelfingen und erst mit dem jetzt abgeschlossenen Umbau wurde diese Abteilung im Untergeschoss aufgegeben. Während der Urgroßvater, der als Tuchmacher begann, 15 m² Verkaufsfläche hatte, verfügt Bernhard Schoser heute über 420 m². Die Erweiterung um 150 m² ist für Schoser auch ein klares Bekenntnis zum Standort Trochtelfingen.
Bildunterschriften
Durch den Kauf des Nachbarhauses (li.) konnte Schoser seine Fläche auf 420 m² erweitern. Marken werden bei Schoser zwar hervorgehoben, Shopflächen gibt es aber nicht. Nach dem Umbau wirken die Abteilungen großzügiger und weitläufiger. Bernhard Schoser will sein Geschäft zum führenden Modehaus auf der Reutlinger Alb machen. Dieser Artikel erschien am 14. Februar 2002 in TextilWirtschaft |